Passend zum Vorkriegs-Faltboot wird natürlich auch ein Zelt benötigt. Ich bekam dieses Klepperzelt aus den 1930ern. Die damals übliche Hauszeltgröße ist für ein Standlager gerade richtig. Damals kam eine ganze Familie darin unter. Heute muss es nicht mehr so beengt zugehen:
(Quelle: https://digit.wdr.de/entries/137184)
Das Zelt ist in einem deutlich schlechten Zustand, kein Wunder nach 90 Jahren. Der Boden ist bröselig und morsch und musste als Erstes rausgeschnitten werden.
Der Zeltstoff war früher mal deutlich dunkler, man sieht es auf der Innenseite. Nun ist er sandfarben. Ohne Boden, und nachdem das rückwärtige Fenster samt Holz-Fensterrahmen entfernt wurde, konnte der Baumwollstoff nun in der Badewanne gewaschen werden. Ins warme Wasser kam einfach Vollwaschmittel. Die Zeltschnüre wurden solange in alte Socken gestopft und mit Kabelbindern gesichert, damit sich nicht ständig alles verheddert. Nach einem Waschgang und 5 Spülgängen war das Wasser immernoch schwarz, es musste dann einfach auch mal gut sein. Die Duftnote wurde jedenfalls schon besser. Danach hing das Zelt zum trocknen auf dem Balkon. Die Stockflecken sind natürlich nicht raus gegangen, mehr Aufwand stecke ich da auch nicht rein, und mit scharfen Mitteln will ich da nicht ran. Vielleicht kann es die Sonne später bleichen.
Nachdem das Zelt getrocknet war, kames in eine Imprägnierlösung, und musste dann nochmals trocknen. Dann folgten einige Reparaturen.
Hier sieht man gerade noch das Klepper-Logo. Es gibt eins auf jeder Schrägseite. Der untere Teil des Logos stellt ein Faltboot dar. Rechts der Bug mit Wimpel, links der Paddler mit Paddel.
Die (senkrecht stehenden) Zeltstangen konnten einfach mit Hartöl ein wenig aufgefrischt werden (kein Anschleifen nötig, einfach mit einer alten Socke eingerieben). Sie sind dann besser vor Witterung geschützt, ohne allzuviel von ihrer Patina einzubüßen. Einige Hülsen sind sehr locker. Deshalb habe ich diese Stangenenden in Wasser gebadet. Das Holz quillt auf und die Hülsen sitzen wieder fest. Das hält aber nicht lange vor.
Bei der Firststange war da nichts mehr zu retten. Mit den losen Hülsen hing die schon ohne Belastung stark durch, wodurch sich das ganze Zelt verziehen würde. Ich musste alle Hölzer ersetzen. Es ist ja nur Holz, der Aufwand alle Hülsensitze am alten Holz aufzufüttern steht in keinem Verhältnis, dann lieber mal Originalmaterial ersetzen (es interessiert sowieso höchstens 5 Menschen auf diesem Planeten, was mit dem Zelt wird...). Der Rundstab von 28mm Durchmesser in Kiefer ist auch heute noch handelsüblich. Die alte Firststange bestand aus 5 Teilstücken. Da eine Hülse fehlte, habe ich sie zu 4 Teilstücken umgesetzt. Diese sind nur 45mm länger als das ursprünglich längste Stabteil. Die Länge ist aber generell auch unkritisch. Die äußeren Messinghülsen haben Durchmesser 27mm aussen, 26mm innen und sind 100mm lang. Die inneren Hülsen sind entsprechend 26mm aussen und 25mm innen, 50mm lang. Nur falls das jemanden interessiert. Das Holz konne auf der Drehbank auf 26 bzw. 25mm abgedreht werden, wo die Hülsen sitzen.
Mit Beize in Eiche-mittel konnte das frische Holz farblich angeglichen werden. Den Rest macht die Sonne durch Nachdunklung, vor allem tritt dann die Maserung stärker hervor. Auf dem Foto fällt es jedenfalls nicht sehr auf, dass es kein altes Holz ist.
Vorne sieht man noch den Fensterrahmen aus Esche. Er musste nachgeleimt werden und erhielt ebenfalls etwas Hartöl. Die originale Cellophanscheibe ist leider gebrochen und es fehlen Stücke. Typisch für das Material ist die Gelbfärbung nach den Jahrzehnten. Ich habe das erst mal mit Klebestreifen geflickt, da ich kein passendes Material habe.
Das Zelt bekam noch seinen neuen Boden aus PU-beschichtetem Nylon. Das war gar nicht einfach, den einzunähen. Es ist auch ein bisschen getrickst, man sieht es aber nur, wenn man genau hinguckt und den Originalzustand kennt. Hauptsache es hält und ist dicht.
Und schliesslich gabs zum Zelt auch noch einen Packsack und einen schmaleren Beutel für die Holzteile dazu. Nach einer Runde in der Waschmaschine sind die wieder wohnzimmertauglich. Die Nähte wurde nachgenäht, nicht zum ersten Mal wie zu erkennen war. Die Löcher bleiben aber drin. Der Griff aus Gurtband am großen Packsack war aber morsch. Ich habe ihn abgenommen, von hinten mit PVC-Plane verstärkt und wieder angenäht. Das hält jetzt und sieht aus wie zuvor.
Das Zelt wiegt nun mit Packsack rund 10kg. Für ein Baumwollzelt dieser Größe ist das nicht zu viel. Es ist ja auch nur fürs Standlager. Was mir allerdings noch fehlt ist ein Mückenschutz. Mückennetz habe ich auf Lager, na dann muss ich wohl mal 'Gardinen' nähen :-)
© Januar-Februar 2020, Wolfgang Bion
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