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Velocator (2.0) - ein Transportliegerad

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Mit meinem ersten Velocator war ich damals sehr zufrieden und bin auch viel damit gefahren. Nicht selten einfach nur zum Vergnügen, denn das Ding war bequem. Leider gibts das nicht mehr. Ich brauche einen neuen, einen Velocator 2.0. Ich baue den nur für meinen Bedarf und strebe nichts kommerzielles an.

Quelle der Inspiration ist das Trimobil von Toxy. Als ich bei meinen Recherchen für mein neues Rad darüber gestolpert bin, war ich gleich angetan von dem Rad. Mit einfachen Mitteln wurde hier sehr durchdacht sehr viel an Funktion integriert. Nach langem Grübeln und skizzieren und verwerfen kam dann eine Lösung für mich heraus, die ihren Ursprung nicht verleugnen kann (und will). Denn die Grundkonstruktion mit dem als Ladefläche geformten Hinterbau passt ideal.

Der Velocator ist ein Liege-Zwei-Rad mit großer integrierter Ladefläche. Für den Alltag ist das mehr als genug Transportkapazität. Wie ich die Ladefläche nach und nach ausbaue, wird sich noch zeigen. Wahrscheinlich kommt eine abschliessbare Kiste aufs Heck, während im vorderen Bereich die Ladefläche offen bleibt.

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Zur Materialbeschaffung:

  • Das 40er Vierkantrohr ist in 1,5mm Wandstärke schon nicht in jedem Baumarkt vorhanden. Meins habe ich über den Metallhandel bekommen, musste aber dafür auch 6 Meter abnehmen. Das braucht man ja auch öfters.
  • Das 45x45x2 (1 Meter wird gebraucht) war im Baumarkt vorhanden. 1,5mm Wandstärke hätten aber gereicht. Hauptsache das 40er Vierkantrohr passt hinein. In meinem Falle bleiben theoretisch 1mm Luft, praktisch ist es weniger. Vor der endgültigen Lackierung verzinne ich den Tretlagerausleger aus dem 40er Vierkantrohr mit Karosseriezinn, und zwar an den entscheidenden Stellen etwas dicker, so dass es gut passt. Das Zinn schützt auch vor Rost.
  • Das 30x20x1,5er Rohr (6 Meter werden gebraucht) für den Lastenrahmen ist eher leicht dimensioniert. Für meine Alltagserledigungen reichts. Wer wirklich schwere Lasten transportiert, nimmt stabilere Querschnitte. Ich wollte halt nicht unnötig Stahl mit mir rum schleppen. Mehr als 40kg Zuladung kommen bei mir wohl nicht vor. Wobei das wahrscheinlich auch noch nicht die Belastungsgrenze für meinen Rahmen darstellt.
  • Vom Flachstahl braucht man nicht wirklich einen halben Meter. Ich kaufe gerne auf Vorrat etwas mehr.
  • Eine stabile Gabel für 20" ist kaum zu bekommen, und wenn dann teuer. Es ist einfacher, eine gebrauchte MTB-Stahlgabel entsprechend zu kürzen. Ich habe mich entschieden, eine Federgabel zu verwenden. Die war in 20" und für 1" Gewindesteuerkopf aber auch nicht so einfach zu bekommen.
  • Der Sitzträger muss nicht gesteckt sein. Es lässt sich Gewicht sparen, wenn man das 40er Vierkantrohr direkt am Hauptrahmen anschweisst. Ich wollte hier die Zerlegbarkeit für Bahntransporte. Oder um einfach den Sitz mit nehmen zu können, wenn ich das Rad neben einem Spielplatz parke :-)
  • Sitze, Tretlagerhülsen und Cantisockel zum anschweissen gibts fertig zu kaufen z.B. bei Pedalkraft.de Für das Steuerrohr habe ich ein dickwandiges 33,8mm Rohr erst innen auf 30mm Durchmesser, 12mm tief beidseitig ausdrehen müssen.
  • Es kommt noch einiges Material hinzu, für die Lenkung, Ständer, Verstrebungen usw. Da muss man sich nicht genau an Querschnittvorgaben halten, daher zähle ich das nicht auf. So kann man sicher einiges vom Schrott verwenden.
Die ganzen Stahlteile kosten um die 50 Euro zu Baumarktpreisen. Aber alles zusammengerechnet wurden es dann doch 300 Euro, wobei ich Räder und Schaltung schon hatte. Tret-Innenlager, Federgabel und 3 Ketten, sowie viel Kleinkram vom Baumarkt summieren sich hier.

So entstand der Hinterbau und Hauptrahmen

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Der Hinterbau war in drei Stunden geschweisst. Hilfreich ist ein altes Türblatt und da drauf ein paar Hilfslinien. Trotzdem wurde es nicht genau. Durch Schweissverzug vorne schmaler und kürzer als geplant. Egal, die Konstruktion ist da völlig unkritisch. Hauptsache, am Ende stehen Räder, Tretlager und Sitz passend zueinander.

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Hier der grobe Entwurf der Ausfallenden fürs Hinterrad. Vorbohren 9,5 ist aber zu groß, bitte 9mm vorbohren für das 10x1er Gewinde.

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Mit Hilfe einer M10 Gewindestange lässt sich alles ausrichten und fixieren. Meine Schweissstellen sind nicht schön, ich schweisse Punkt an Punkt mit einem Fülldrahtschweissgerät. Aber halten wird es sicherlich.

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Der Hinterbau wiegt ca. 5,5kg.

Nun kommt der Hauptrahmen dran. Das eingekaufte 45er Vierkantrohr ist 1000mm lang. Unter einem Winkel von 55 Grad habe ich 800mm abgesägt, das Reststück wird die Sitzaufnahme.
Zuerst der Kleinkram: Die Klemmung für die 40er Rohre vom Tretlagerausleger und vom Sitzträger. Dazu habe ich 32mm lange Rohrstücke abgesägt, 10mm Durchmesser und 2mm Wandstärke (also D10x2). Die lassen sich mit einem Magneten auf dem Rohr fixieren, anpunkten und dann ohne Magnet fest schweissen. Dann mittig durchsägen und am Ende vom Sägeschnitt eine 6mm Bohrung für einen sauberen Abschluss. Und schon sind die Klemmungen fertig.
Am anderen Ende vom Hauptrahmen muss das Rohr auf 30mm abgeflacht werden. Das Rohrende ist im Winkel von 15 Grad abgesägt. Für die Abflachung dann seitlich einsägen und zusammenschweissen. So passt es an den Hinterbau.

Der Rahmen wird zusammengefügt

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Ein präzise zurecht gesägtes Brett hilft, den Hauptrahmen gerade ausgerichtet und unter einem Winkel von 15 Grad an den Hinterbau zu schweissen. Eine Strebe aus einem Reststück 30x20 stützt den dann vorne noch ab.
Den Sitzträger habe ich nach kurzer Überlegung weiter hinten angeordnet. Dadurch wird das Rad kompakter und etwas wendiger. Auch der Sitzträger wird nach hinten noch mit einem Stück 30x20 abgestützt. Der Rahmen ist jetzt insgesamt schon gut steif.
Die Hinterradbremsen werden hinter das Hinterrad auf der Unterseite des Hinterbaus eingebaut. Dort stören sie nicht, weder mit der Kette noch mit der Ladung kommen sie hier in Konflikt. Zwei grob zusammengeschusterte Konsolen aus 30x20 ermöglichen eine einfache, genaue Ausrichtung der Cantisockel 180mm von der Radachse entfernt. Auf dem Foto sind die nur angepunktet, und müssen noch fertig verschweisst werden. Das Alu-Resteblech dient der parallelen Ausrichtung auf 80mm Abstand.

Der Sitztragrahmen

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Der Sitz wird auf einem abnehmbaren Sitztragrahmen befestigt und besteht aus zwei 40er Vierkantrohren. Die Schraublöcher werden mit 6mm Blechstücken von 20x20mm verstärkt, dann durchbohrt und versäubert. Dann werden die beiden Teile zusammengeschweisst. Die offenen Enden kann man noch zu schweissen, oder Kunststoffkappen dafür kaufen.

Die Lenkung

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Achtung: An der Lenkung habe ich später noch wichtige Änderungen gemacht.
Das war mal richtig viel Kleinkram, und sowas macht viel Arbeit. Eine kleine Handskizze hatte ich am Vorabend noch gemacht. Für den Lenkerstutzen habe ich an Rohren das genommen, was gerade an Material da war, und dazu eine passende Lagerbuchse aus POM gedreht. Die Konstruktionsweise sieht man auf den Fotos, die Dimensionen sind ja variabel, stehen aber in der Skizze. Eine Besonderheit gibt es: Der Lenker ist auf einen horizontal in Radlängsrichtung angeordneten Zapfen geklemmt. Bei einem Sturz kann der Lenker dadurch verdrehen statt abzubrechen. Aufstützen kann man sich auf dem Lenker nicht, und das ist bei Liegerädern auch nicht nötig. Der Lenker ist zum lenken da, nicht zum festhalten.
An den Lenker komme ich mit gestreckten Armen gut dran, die Lenkerdrehung wird durch nichts eingeschränkt. So weit, so gut.

Der Zweibeinständer, oder auch: Das Landefahrwerk :-)

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Der Velocator soll sicher stehen können, das tut er am besten auf zwei zusätzlichen Beinen. Mit Skaterrollen an diesen lässt er sich dann auch noch ein wenig rangieren. Wegen den Rollen kam der Begriff Landefahrwerk auf.
Für das Landefahrwerk wird ein stabiles Rohr an beiden Seiten mit einer eingeschweissten M8 Mutter versehen. Am Rahmen werden Aufnahmen aus 6mm Flachstahl angeschweisst. Schon ist eine stabile Grundlage gelegt.
Dann werden die Beine angeschweisst. Und die Achsrohre für die Rollen eingepasst. Ich habe ein D10x1er Rohr durchgehend eingesetzt, damit das in gerader Linie bleibt, und dieses Rohr erst hinterher eingekürzt. Auf den Fotos sind die Achsschrauben der Rollen noch zu lang, sorry, musste erst passende kaufen.
Ein Endanschlag entsteht aus einem Stück 30x20er Rohr. Das bekommt noch eine Gummiplatte aus 5mm Gummi, damit es am Rahmen nicht hart anschlägt. Zuletzt habe ich noch eine Luftfeder eingebaut, die in beiden Endstellungen das Fahrwerk festhält. Hochgeklappt liegen die Rollen von unten am Hinterbaurahmen an, da klappert dann auch nichts.

Zusammenbau

Inzwischen habe ich Halterungen für die Bowdenzüge angeschweisst und 18 Haltebleche für die Bodenplatten der Ladefläche. Danach alle Rahmenteile gründlich mit Nitroverdünnung gereinigt und einfach mit Zinkstaubgrundierspray grundiert. Das soll für die nächsten 2-3 Monate erst mal reichen. So lange erprobe ich den Velocator. Dann erst denke ich über eine endgültige Lackierung nach.

Änderung der indirekten Lenkung

Nach einer kurzen Probefahrt war schnell klar, dass die Lenkausschläge nicht stimmen. Viel zu groß und nach links größer als nach rechts. Das war nicht gut steuerbar.

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Ich musste noch mal umbauen. Der Drehpunkt des Gabelkopfes am Lenker musste nach hinten in Linie mit dem Drehpunkt des Lenkers verlegt werden. Und vorne habe ich gleich eine neue Anlenkung an einen alten Stahlvorbau angeschweisst. Jetzt kann ich eine Federgabel einsetzen, ohne überlegen zu müssen, wie ich die nun anlenke.
Die neue Schubstange besteht aus einem Rohr D15x1 mit beidseitig angeschweissten Muttern M8. Die Gewindestangen an beiden Enden sind da eingeschraubt und mit einer Kontermutter gesichert. In Grenzen lässt sich so die Länge der Schubstange noch verändern, sollte ich die 'Beinlänge' noch anpassen müssen.
Die Anlenkpunkte sind 60mm vom Drehpunkt des Lenkers und der Gabel entfernt. Vorne passt das mit einem 127mm breiten Innenlager so gerade an der linken Kurbel vorbei. Die alten Befestigungen am Lenker flexe ich ab bevor ich den Rahmen endgültig lackiere.

Im aktuellen Zustand wiegt der Velocator 25kg. Mit Federgabel und Bodenbrettern für die Ladefläche kommt noch was dazu. Ich habe halt massiv gebaut. Bei einem Rad, das wartungsarm und langlebig sein soll und Lasten trägt, ist das nicht verkehrt.

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Fahrbereit montiert mit Federgabel, so ging es auf eine erste Erprobungsrunde. Der Velocator ist eine Sänfte. Nicht schnell, und reizt auch nicht zum schnell fahren. Das ist mir gerade recht. Man fährt mit Genuss. Während der Fahrt sieht man von der Ladefläche nichts und bemerkt sie auch nicht.

 

 


© 2016, Wolfgang Bion
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